Einsamkeit in der heutigen Zeit

Einsamkeit ist ein Phänomen, das viele Menschen in unserer Gesellschaft betrifft. Es ist eine tiefe Empfindung von Isolation, bei der man sich dauerhaft abgetrennt von anderen Menschen und der restlichen Welt fühlt.

Nicht zu verwechseln ist die Einsamkeit mit dem Alleinsein. Beim Alleinsein entscheiden wir uns bewusst oder unbewusst dafür und empfinden das auch oft als etwas Angenehmes. Zum Beispiel kann jemand sich entscheiden, allein zu sein, um Zeit für sich selbst zu haben oder um ungestört zu arbeiten. Das Alleinsein ist jedenfalls nur vorübergehend.

In unserer modernen Welt gibt es den Widerspruch, dass es zwar immer mehr Möglichkeit zur ständigen Vernetzung über das Internet, den sozialen Medien und anderen Möglichkeiten der Telekommunikation gibt, es aber trotzdem zu einem Anstieg der Einsamkeit kommt.

Viele fühlen sich in unserer heutigen Gesellschaft verloren und alleingelassen. Die Familien wohnen oft nicht mehr in der Nähe, Freunde sind in verschiedene Richtungen gezogen oder die vielfältigen Belastungen unseres Alltages lassen uns keine Zeit, uns um unsere sozialen Beziehungen zu kümmern.

Auch chronische Erkrankungen können dafür verantwortlich sein, dass soziale Kontakte gewollt oder ungewollt nicht mehr aufrechterhalten werden können. Dauert die Einsamkeit an, kann sich dies in gravierender Weise auf die Gesundheit auswirken, sowohl auf psychischer als auch auf körperlicher Ebene. Zu diesem Ergebnis kommen auch Forschende der Westfälischen Wilhelms-Universität, die sich in ihrer Metastudie1 aus dem Jahr 2021 mit den Auswirkungen von Einsamkeit auf die Gesundheit beschäftigten.

Einsame Menschen hätten demnach häufiger Depressionen, soziale Angst, psychotische Beschwerden, kognitive Beeinträchtigung und Demenz sowie ein erhöhtes Suizidrisiko im Alter. Auf physiologischer Ebene kann Einsamkeit das Risiko für Herzerkrankungen, Schlaganfälle, sowie körperliche Gebrechlichkeit erhöhen.

Wer ist einsam?

Eurostat-Zahlen zum Thema aus dem Jahr 2015 zeigen, dass 6% der Menschen in der Europäischen Union keine Verwandten, Freund*innen oder Nachbar*innen um Hilfe bitten könnten und ebenso viele haben niemanden, um persönliche Themen zu besprechen. Der Prozentsatz für Österreich lag mit 4,2% etwas unter dem EU-Durchschritt. Bei einer Bevölkerung von rund 8,5 Mio. im Jahr 2015 waren dennoch über 350.000 Menschen betroffen. In den ersten Monaten nach dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie hat sich die Zahl an Menschen, die sich mehr als die Hälfte der Zeit einsam fühlen, auf 25% erhöht (EU)2. Manche Personen sind vermehrt von Einsamkeit betroffen, etwa Menschen höheren Alters oder chronisch Kranke. Es kann schwierig sein, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende Kontakte aufrechtzuerhalten, wenn körperliche Einschränkungen, Schmerzen oder Mobilitätsprobleme ein täglicher Begleiter sind. Auch gesellschaftliche Vorstellungen und Stigmatisierungen in Zusammenhang mit Erkrankungen, können dazu führen, dass Betroffene sich dadurch zunehmend von Freund*innen und Familie zurückziehen oder Schwierigkeiten und Schamgefühle haben, sich Hilfe suchen. Um das Bild in der Gesellschaft zu verändern und die eigene Einsamkeit zu überwinden, kann es helfen, sich Unterstützung zu holen.

Was kann man gegen Einsamkeit tun?

Wir Menschen sind soziale Wesen. Wir brauchen Beziehung und Gemeinschaft, um uns verstanden, gebraucht und geborgen zu fühlen. Nur so können wir aufblühen und die Sonnenseiten des Lebens genießen. In Österreich bzw. Wien gibt es bereits diverse Angebote, die einsame Menschen in Anspruch nehmen können. Für Gesprächsangebote via Telefon gibt z.B. die sehr bekannte Telefonseelsorge (Telefon: 142, 24 Stunden) oder auch die Ö3 Kummernummer (Telefon: 116 123, täglich von 16 bis 24 Uhr), das Plaudernetz der Caritas (Telefon: 05 1776 100, 10 – 22 Uhr), bei welchem kontaktsuchende Anrufer*innen mit freiwilligen Plauderpartner*innen verbunden werden. Einige soziale Einrichtungen bieten auch Besuchs- und Begleitdienste an, um zuhause oder bei Freizeitaktivitäten Gesellschaft zu leisten. Angebote wie diese helfen dabei, den ersten Schritt aus der Einsamkeit zu wagen und sich wieder wohler mit sich und der Welt zu fühlen.

Pilotprojekt Besuchsdienst

Um Menschen mit MS dabei zu unterstützen hat die Multiple Sklerose Gesellschaft Wien als Pilotprojekt einen MS-Besuchsdienst ins Leben gerufen. Das Besuchsdienst-Team besteht aus geschulten ehrenamtlichen Helfer*innen und begleitet, besucht und unterstützt Interessierte in Alltag und Freizeit. Gemeinsame Unternehmungen wie Ausflüge und Spaziergänge, aber auch Hilfe bei Einkäufen und Behördenbesuchen sowie ein offenes Ohr für Gespräche wird geboten.

Nähere Informationen zum Projekt und zur Anmeldung unter https://www.msges.at/ms-besuchsdienst-pilotprojekt-ehrenamt-2023/

Bericht: Lukas Iberer, Sozialberater, MS Gesellschaft Wien

Textquellen:

1 https://www.medizin.uni-muenster.de/fakultaet/news/einsamkeit-und-erkrankungen-haengen-zusammen-studie-nutzt-daten-ueber-isolation-und-gesundheit.html; https://bmjopen.bmj.com/content/bmjopen/11/3/e042335.full.pdf

2 https://78b437b227.clvaw-cdnwnd.com/4374b445d97e879def0cf6b4e587554a/200000082-05c9d05c9f/Endbericht_Angebote_gegen_Einsamkeit.pdf?ph=78b437b227

Bildquellen: Pixabay, Bild Frau von Mohamed Hassan